Die Welt voller Wunder by Buck Pearl S

Die Welt voller Wunder by Buck Pearl S

Autor:Buck, Pearl S. [Buck, Pearl S.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
veröffentlicht: 2015-11-19T16:00:00+00:00


Langsam richtet sie sich auf, die schwellende Freude,

Schießt durch Adern, beschleunigt den Puls, bis

Das Begehren in höchste Wallung gerät und wieder

Bricht – wie eine Welle bricht auf dem Meer.

Dann bin ich du, Geliebte, und du bist ich.

Doch er war nie zufrieden mit den Worten, die noch dazu nie die ganze Wahrheit zum Ausdruck brachten. Ja, einen kurzen Augenblick lang waren sie eins, er und sie, und in diesem Augenblick dachte er an Liebe. Doch es dauerte nur diesen einen Augenblick an. Und wenn dieser Augenblick vorüber war, und er ging unweigerlich vorüber, waren sie wieder getrennt, waren sie wieder er und sie. Dann wurde sein schrumpfender, zurückweichender Penis zum Symbol seines ganzen Wesens. Er wich von ihr zurück. Er hatte gegeben, was er zu geben hatte, und sie hatte gegeben, was sie zu geben hatte. Was war das anderes als ein vorübergehender Anfall ekstatischer Freude? Und was folgte dann? Nichts, außer vielleicht einer Erleichterung, die auch nur eine Sache von Augenblicken, von ein paar Stunden war, mehr nicht – denn dann war das Begehren wieder da, es kehrte zurück, immer – unweigerlich und vielleicht sogar noch stärker als zuvor.

»Genieße dein Lebensalter in vollen Zügen, mein junger Geliebter«, hatte Lady Mary eines Tages fast wehmütig zu ihm gesagt.

»Warum sagst du das?«, fragte er.

»Weil selbst das Begehren nicht von Dauer ist«, erwiderte sie. »Es wird zur Gewohnheit, und dann … nun ja, dann ist es nur noch Gewohnheit. Deshalb nehme ich mir gerne junge Liebhaber.«

»Liebhaber?«, hakte er nach.

»Bist du denn nicht mein Liebhaber?«, fragte sie lachend zurück.

Er wog diese Bemerkung nachdenklich ab, während sie, sein Gesicht mit einem spöttischen Lächeln betrachtend, auf eine Antwort wartete.

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich weiß, was Liebe ist«, sagte er schließlich.

Sie riss erstaunt die Augen auf. »Dann spielst du sie aber wirklich sehr gut vor!«

»Nein«, erwiderte er langsam und immer noch nachdenkend, »ich spiele nichts vor, denn ich liebe dich nicht wirklich. Es ist in gewisser Weise vielmehr so, als würde ich mich selbst lieben – oder die Möglichkeit lieben, die du mir gibst, mich selbst zu lieben. Und das ist es vermutlich auch, was ich dir gebe.«

Denn sie hatte es zu einem gerechten Geben und Nehmen gemacht. Sie hatte ihm beigebracht, wie man einander Freude bereitete, etwas, das er anfangs nicht verstanden hatte, bis sie ihm schließlich die Geheimnisse ihres Körpers enthüllte, sie zu den seinen machte und er die in der Gegenseitigkeit liegende Erfüllung verstand. Oh ja, sie hatte ihm sehr viel beigebracht. Aber wenn es nun vorüber war, gab es, und das war mittlerweile jedes Mal so, nichts mehr zu lernen. Sie kehrten zu dem zurück, was sie vorher gewesen waren, zwei getrennte Wesen – er für sich und sie für sich. Sollte das etwa alles sein, was an der Liebe dran war? Waren Menschen unweigerlich und auf ewig voneinander getrennt? Was aber hatte die Liebe dann für einen Sinn, wenn sie nur in der endlosen Wiederholung der rein körperlichen Vereinigung bestand? War da nicht noch mehr?

»Woran denkst du?«, fragte sie.

Er sah sie an.



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